Somatic Filter

2023

Performance im Rahmen der Open School des Current Festival für Kunst im Urbanen Raum in Stuttgart

Material: Schläuche, Muttermilch, Quellwasser

Ort: Jakobsbrunnen, Bad Cannstatt


Foto: Jochen Detscher


“Seit meine Tochter auf der Welt ist, ist sie meine erste, zumeist sogar die einzige, Rezeption. Und das ganz direkt, sie trinkt ja meinen Körper. Und dementsprechend habe ich meine Praxis angepasst, also auf ihren sich erst entwickelnden Leib, die kleinen Finger und die kurze Sicht.

Es ist wenig Raum zwischen meinem und ihrem Körper wo sich etwas einschieben kann und nicht sofort belanglos wird und abfällt. Es sind Objekte, die mit dem Körper spielen, sich ihm anpassen und entgegenstellen, mal in die Kniekehle rutschen, mal in den Mund. So habe ich bisher auch gearbeitet, nur eben mit mehr Abstand zum Leib, mehr Kontext abgeschlossener und abgeschotteter. In der Wochenstube bekommt auch Bildhauerei eine Kurzsichtigkeit, der Hintergrund verschwindet, die Form im Vordergrund gewinnt an Griffigkeit.

Kunst für hyperjunges Publikum. Meine Tochter lernt gerade greifen. Ich betreibe seit einigen Jahren einen Verlag für Handbücher. Ich denke, dass ich mich auskenne mit Handlichkeit, mit dem Zugriff, dem in der Hand Liegenden und damit, wie sich dieses verhält. Bücher, selbst wenn sie wie Dinge sich verhalten sind dem elementaren Greifen jedoch nicht gewachsen.

Ich stelle mir vor, wie Materie aussehen muss, die sich in diesen schmalen haptischen Raum fügt und wieviel sekundäre Bedeutung noch an ihr hängen kann. Und ob diese Bedeutung nicht vielleicht von selbst abfällt. Und wenn doch, welche Geltung der Gegenstand dann noch hätte, ob man diesen Verlust sehen können wird, ob der Gegenstand nackter wird oder einfach dümmer, ob die abgepellte Bedeutung aufbewahrt werden kann und wie, und ob das Abfallen etwas freilegt.”  Anna Schiefer, 2023